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Ende
1942 braute sich über der Seekriegsleitung ein folgenschweres Unwetter
zusammen. Am 24. Dezember hatten Aufklärer einen britischen Konvoi
gesichtet, der von Schottland in Richtung Nordmeer unterwegs war. Er
bestand zwar nur aus vierzehn Frachtern, aber der starke Geleitzug
deutete daraufhin, dass wertvolles Kriegsmaterial für die Sowjetunion
transportiert wurde.
Raeder wollte sich den Fang nicht entgehen lassen. Die Seekriegsleitung
trug noch schwer an dem Missgeschick, das die Flotte bei ihrem letzten
Großeinsatz am 2. Juli getroffen hatte. Ein Teil der Schiffe war da in
tückische Schärengewässer geraten und steckengeblieben. Daraufhin
beorderte Hitler die ganze Flotte rigeros zurück und beauftragte
Dönitz, mit seinen U-Booten den Geleitzug zu vernichten.
Fünf Tage waren vergangen und noch immer hatte sich Hitler nicht zu den
von Raeder vorgelegten Plan geäußert. Am 30. Dezember, als der Konvoi
bereits die Barentssee erreicht hatte, gab er endlich seine Zustimmung.
Vom Altafjord brach Vizeadmiral Kummetz mit seinem Flaggschiff, dem
schnellen Kreuzer "Hipper", der etwas langsameren
"Lützow" und sechs Zerstörer auf. Das Wetter war am
Silvestertag denkbar schlecht. Ein heftiger Sturm tobte. Nebel, wohin
das Auge blickte. Aus dem trüben Dunst tauchten einzelne Frachter auf,
verschwanden aber wieder hinter undurchdringlichen Grauschleier.
Schützend stellten sich fünf britische Zerstörer und fünf kleinere
Kriegsfahrzeuge vor das Geleit. Nach drei Stunden hatte Kummetz zwei
gegnerische Kriegsschiffe versenkt und den Zerstörer "Onslow",
das Flaggschiff der britischen Zerstörerflottille, sehr schwer
getroffen. Daraufhin gab der Kommandant des Fühlungshalters U-354 einen
optimistischen Funkspruch an die Seekriegsleitung in Berlin durch. Doch
die Lage änderte sich, als plötzlich die britischen Kreuzer "Jamaica"
und "Scheffield" auf den Plan erschienen. Der Zerstörer
"Eckoldt" ging mit der ganzen Besatzung unter,
"Hipper" wurde erheblich beschädigt. Während des Gefechtes,
dass sich ausschließlich zwischen den Kriegsschiffen abspielte, waren
die Frachter ungeschoren nach Murmansk entkommen. Kummetz gab den Kampf
auf, er hatte strikten Befehl, bei annähernd gleicher Stärke des
Gegners ein Gefecht auszuweichen um die kostbaren Schiffe nicht zu
gefährden. Das Unternehmen "Regenbogen" war gescheitert. Um
der Verfolgung zu entgehen, wahrte die Gruppe "Hipper" auf der
Rückfahrt absolute Funkstille. Wieder in Alta, war die Funkverbindung
wegen Schneetreiben gestört und so glaubte man in Berlin und im
Führerhauptquartier Rastenburg, an einen vollen Erfolg der Aktion.
Der Stein kam ins Rollen durch eine Meldung der britischen
Nachrichtenagentur Reuter. Hitler tobte. Er bezichtigte die
Seekriegsleitung, ihn vorsätzlich getäuscht zu haben. In Berlin
herrschte heillose Verwirrung. Die Drähte nach Alta waren noch immer
Tod, und Raeder brauchte Tage, bis er sich einen Überblick verschafft
hatte. Die Begegnung mit Hitler am 6. Januar in der Wolfschanze verlief
für Raeder höchst unerfreulich. Hitler fegte alle
Schlechtwetter-Entschuldigungen vom Tisch und befahl die
Außerdienststellung und Demontage der großen Schiffe. Raeders
Ablösung war beschlossene Sache. Mit einer umfangreichen Denkschrift
versuchte die Seekriegsleitung ihre Flotte zu retten, aber Hitler ließ
sich nicht umstimmen. Die bedrohliche Lage an der Stalingrader Front und
in Nordafrika erforderte die Mobilisierung aller Reserven.
Am 30. Januar 1943, dem Tag der Machtergreifung, wurde verkündet:
"Der Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht hat heute den
bisherigen Oberbefehlshaber der Kriegsmarine, Großadmiral Dr.h.c. Erich
Raeder, auf dessen Wunsch vom Oberkommando entbunden. Als neuer
Oberbefehlshaber wurde Admiral Dönitz, unter gleichzeitiger
Beförderung zum Großadmiral, eingesetzt. Großadmiral Raeder
übernimmt den Posten eines Generalinspekteurs der Kriegsmarine".
Die Folgen waren nicht abzusehen. Als Generalinspekteur hatte Raeder
faktisch keinen Einfluss mehr. Die Geschichte der Marine lag
voll und ganz in den Händen von Dönitz, der auch weiterhin
Befehlshaber der U-Boot-Waffe blieb. Dönitz war in den Augen älterer
Marineoffiziere ein Emporkömmling. Seit 1935 hatte er eine sagenhafte
Karriere gemacht und verdienstvolle Anwärter auf Beförderung einfach
überrundet. Er propagierte offen die enge Verzahnung von Militär und
Politik. Mit Parteipolitik - so meinten die alten Herren getreu der
Devise aus der Reichsmarinezeit - sollte sich ein Offizier nicht
befassen. Immerhin gelang es jedoch Dönitz, Hitler davon zu
überzeugen, dass die Kriegsmarine auf schwere Überwassereinheiten
nicht völlig verzichten konnte. So wurden letztendlich die großen
Schiffe weder abgewrackt noch abgerüstet.
Dönitz war im ersten Weltkrieg als Wachoffizier auf U-39 gefahren, das
von Kapitänleutnant Forstmann geführt wurde, der als einer der
erfolgreichsten Kommandanten der kaiserlichen Marine galt. Später
führte Dönitz als Kommandant von UO-25 und UB-68 Handelskrieg im
Mittelmeer und im Atlantik. Im Oktober 1918 geriet er in britische
Gefangenschaft. Sie bedeutete für ihn nur eine kurze Unterbrechung
seiner Laufbahn. Sofort nach seiner Entlassung trat er der Reichsmarine
bei. Da auf Grund der Bestimmungen des Versailler Vertrages Deutschland
der Besitz einer U-Boot-Waffe untersagt war, diente Dönitz auf
Torpedobooten. Im Jahre 1930 wurde er zur Marinestation Nordsee
versetzt, um als Admiralstabsoffizier die Voraussetzungen für ein
höheres Kommando zu erwerben. Nachdem Deutschland 1935 die
Beschränkungen des Versailler Vertrages aufgehoben und mit dem offenen
Aufbau einer U-Boot-Flotte begonnen hatte, war Dönitz, - zu dieser Zeit
Kommandant des Schulkreuzers "Emden" -, der
vielversprechendste Anwärter für diese Aufgabe. Im September 1935
wurde Fregattenkapitän Dönitz zum Chef der 1. U-Boot-Flottille
ernannt. Seine dabei erreichten Erfolge förderten seinen Aufstieg in
der Machthierarchie des deutschen Militarismus. Von da an hatte die
U-Boot-Führung unter der Leitung von Dönitz die Besatzungen und ihre
Kommandanten unermüdlich gedrillt, ihnen den "siegverheißenden
Geist der U-Boot-Fahrer des Weltkrieges 1914 bis 1918" stets als
Vorbild hingestellt. Immer wieder war den Besatzungen eingetrichtert
worden, dass sie die Hoffnungen eines künftigen Seekrieges wären, die
Hoffnung eines deutschen Sieges zu Wasser.
Am 17. Oktober 1939 wurde der FdU, Dönitz, zum Befehlshaber der U-Boote
(BdU) ernannt und zum Konteradmiral befördert.
Quellen:
"Geschichte der Deutschen Kriegsmarine - Von den Anfängen bis
1945" © 1989 by Torsten Migge und Reiner Ebert, Lammler-Verlag München.
"The U-Boat War in the Atlantic" Ed.: Ministery of Defence (Navy),
Clay Blair "Der U-Boot-Krieg", München 1999,
Modern Military Branch, National Archives and Records Administration,
S.E.Morison "The Battle of Atlantic" Boston 1955,
Ronald Macintyre "The Battle of the Atlantic" London 1961,
Paul Herbert Freyer "Der Tod auf allen Meeren".




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