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Das Massaker an 642 Männern, Frauen, Greisen, Kindern und Babys
Der Prozess in Bordeaux 1953
Oradour-sur-Glane - ein Hort des Widerstandes?
Legenden
und unter Verschluss gehaltene Akten?
Partisanen b.z.w. Maquis
und das Völkerrecht
Moralische Bedenken
am Widerstand gegen Raub- und Vernichtungskrieg?
Lammerding's Zivilklage von 1965
Quellen:
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Oradour-sur-Glane
vor der Zerstörung |
Das
Massaker an 642 Männern, Frauen, Greisen, Kindern und Babys
Frankreich
1944, Zweiter Weltkrieg:
Anfang
Juni 1944 stieß das III. Bataillon des SS-Panzergrenadierregiments 4
"Der Führer", zugehörig zur 2. SS-Panzerdivision "Das
Reich" des SS-General Heinz Lammerding, von St. Léonard kommend auf
Guéret vor. SS-Sturmbannführer Kämpfe, der Kommandeur, hatte Order
erhalten, die in jener Stadt von Widerstandskämpfern eingeschlossene
Garnison zu befreien. Auf den Marsch ereignete sich ein Zwischenfall, der in
der nachträglichen Selbstdarstellung des Regiments "Der Führer"
so nachgezeichnet wird: Der Panzerkolonne Kämpfes seien ein oder zwei
Lastkraftwagen mit bewaffneten Franzosen entgegengekommen, die das Bataillon
angegriffen hätten. Daraufhin habe man das Feuer "aus allen
Rohren" erwidert, aber erst dann tragischerweise bemerkt, dass sich in
den Fahrzeugen gefangengenommene deutsche Offiziere und Stabshelferinnen
befanden. Ein bis zwei Deutsche seien bei dem Feuergefecht getötet, eine in
deutschen Diensten stehende Französin schwer verletzt worden.
Was dieser Bericht verschweigt, ist, dass Kämpfe bei diesem Intermezzo 29
Partisanen in die Hände gefallen waren, die zu vogelfreie Banditen erklärt
und vor Ort niedergemetzelt worden waren.
Indes setzte die Truppe ihren Marsch nach Guéret fort. Als Kämpfe und
seine Panzer dort eintraf, hatte sich ihre Mission bereits erledigt. Die
Stadt war schon wieder in der Hand der deutschen Besatzer, so dass man nach
kurzem Zwischenaufenthalt wieder den Rückweg nach St. Léonard antrat.
Auf dem Rückweg des III. Bataillons ereignete sich etwas, das für das
Schicksal der französischen Stadt Oradour-sur-Glane gravierend sein sollte.
SS-Sturmbannführer Kämpfe überholte ohne jeden Begleitschutz mit seinem
"Talbot" die Panzerkolonne und fuhr mit hoher Geschwindigkeit
voraus. Es war das letzte mal, dass Kämpfe von seinen Untergebenen gesehen
worden war. Minuten später entdeckte der nachfolgende Trupp das leere
Kommandeursfahrzeug mit laufendem Motor am Straßenrand. Die Kolonne wurde
gestoppt, man nahm die Suche nach dem Bataillonschef auf. Die stundenlange
Fahndung blieb ohne Erfolg, von Kämpfe fand sich keine Spur mehr. Man
vermutete, dass Kämpfe von Widerstandskämpfern entführt wurde und wollte
dafür Rache.
Als erste Vergeltung wurden zwei französische Bauern erschossen, deren Gehöft
sich zufällig in der Nähe des von Kämpfe verlassenen Wagens befand. Den
beiden Unglücklichen wurde nicht einmal unterstellt, zu dem Verschwinden
des Bataillonskommandeurs in irgendeiner Beziehung zu stehen. Die Rache größerer
Dimension, das Blutbad von Oradour, sollte am folgenden Tage stattfinden.
Am
9. Juni 1944 traf die 3. Kompanie des I Bataillons (Bataillonskommandeur:
SS-Sturmbannführer Diekmann) des Panzergrenadierregiments 4 "Der Führer"
in St. Junien ein. Für den 10. Juni war eine Marschpause angekündigt
worden. Doch bereits am Vormittag des vermeintlichen Ruhetages wurde der
Kompaniechef Otto Kahn und dessen Zugführer überraschend zum
Bataillonskommandeur befohlen. Diekmann empfing die Offiziere der 3.
Kompanie im Bahnhofshotel von St. Junien, Hotel de la Gare, wo er sich
einquartiert hatte. Nachdem die Offiziere Platz genommen hatten, ordnete der
Bataillonskommandeur an, unverzüglich die Marschbereitschaft der 3.
Kompanie herzustellen. Mittag habe sie nach Oradour-sur-Glane anzurücken,
den Ort niederzubrennen und ohne Ausnahme alle Personen, vom Säugling bis
zum Greis, zu vernichten.
Der Kompaniechef der 3. Kompanie, Otto Kahn, sagte nach dem Krieg in einem
Dortmunder Ermittlungsverfahren aus: "Diekmann eröffnete mir, dass als
Befehl die Niederbrennung und Vernichtung des Dorfes Oradour eingegangen
sei, was ich auszuführen hätte." (Staatsanwaltschaft Dortmund,
Aktenzeichen 45 Js 2/62)
Der
kleine Ort Oradour-sur-Glane, 22 Kilometer nordwestlich der Stadt Limoges
gelegen, war bis dahin von den Wirren des Zweiten Weltkrieges kaum berührte.
Wären da nicht ein paar vor den deutschen Besatzern geflüchtete Juden und
Evakuierte aus den vom Krieg betroffenen Teilen Frankreichs gewesen, hätte
man sich auf einen ruhigen Sommer vorbereiten können, mit ein paar Fremden
in den zwei Hotels und den wenigen privaten Pensionen des Ortes.
In den Mittagstunden des 10. Juni 1944, gegen 14 Uhr, kamen 150 Mann
der SS-Division "Das Reich" in Oradour an und umstellten den Ort.
Kaum eine Stunde später trieben die SS-Leute alle Einwohner auf dem
Marktplatz zusammen.
Die Häuser waren weitgehend leer. Nur wenige Einwohner konnten sich
verstecken, unter ihnen drei Kinder einer jüdischen Familie, die in Oradour
Zuflucht gefunden hatten, Jaqueline Pinede, ihre Schwester Francine und ihr
Bruder Andre, sowie der siebenjährige Roger Godfrin. Er war der einzige Schüler
von Oradour, der das Massaker überlebte.
Wer zu krank war, um auf den Marktplatz zu gehen, wurde gleich in seinem
Haus erschossen. Eine Stunde lang mussten die Bewohner auf dem Marktplatz
stehen, dann wurden die Frauen und Kinder von den Männern getrennt und in
die Kirche weggeführt. Die Männer wurden in mehrere Scheunen getrieben,
dann eröffneten die SS-Männer das Feuer. Nicht alle waren gleich tot.
Viele starben erst in den Flammen, nachdem die Soldaten Stroh und Reisig auf
die Leichenberge getürmt und diese angezündet hatten. In einer Scheune überlebten
sechs Männer das Massaker und konnten fliehen. Doch der Erste war zu früh
dran und wurde von den SS-Männern an der Friedhofsmauer erschossen, wo man
ihn am nächsten Tag fandt.
Einer der fünf davongekommenen, Robert Hebras, erzählte später: "Mein
linker Arm und meine Haare haben schon gebrannt. Es war ein furchtbarer
Schmerz, deshalb musste ich aus der Scheune hinaus . . . Dann haben wir uns
in der Scheune dahinter versteckt. Da kamen zwei SS-Leute herein. Einer
stieg auf eine Leiter und hat das Stroh dort mit Streichhölzern angesteckt
. . . Wir sind dann aus der brennenden Scheune in die nächste gekrochen. Es
gelang uns aber nicht, aus dem Ort hinauszukommen. Wir haben uns dort in
Kaninchenställen verborgen. Auch die begannen schließlich zu brennen.
Ungefähr um sieben Uhr abends haben wir uns hinausgewagt . . . Ich bin dann
weitergelaufen in Richtung Friedhof und von dort in die Felder. Sie haben
mich nicht entdeckt. Von dort sah ich, dass alle Häuser in Flammen standen.
Ganz Oradour brannte."
In
die Kirche, in der die Frauen mit den Kindern eingeschlossen waren, trugen
die SS-Männer eine Kiste, die offensichtlich eine Gasbombe enthielt. Beißender,
stechender Rauch verbreitete sich nach der Explosion. Dann feuerten die SS-Männer
von der Kirchentür aus mit Maschinengewehren in die Menge und warfen
Handgranaten. Nur eine Frau konnte sich von all den Frauen und Kindern
Oradours, die man in der Kirche zusammengetrieben hatte, retten, die 47-jährige
Bäuerin Marguerite Rouffanche. Bei ihrer Vernehmung vor einem französischen
Untersuchungsrichter sagte sie am 13. November 1944: "Eineinhalb
Stunden blieben wir voller Angst in der Kirche und warteten auf das
Schicksal, das man uns bereitete. Ich hatte meine beiden Töchter und den
sieben Monate alten Guy bei mir. Neben mir schlief meine fünfjährige
kleine Nichte ein . . . Nach eineinhalb Stunden öffneten die Deutschen die
Tür. Zwei bewaffnete Deutsche trieben die Frauen und Kinder auseinander, um
zwischen ihnen hindurchgehen zu können. Sie stellten eine etwa 80
Zentimeter lange Kiste vor dem Altar am Ende des Kirchenschiffes auf . . .
Kurz danach gingen die Deutschen wieder hinaus, ohne ein Wort gesagt zu
haben. Einige Augenblicke später ging von der Kiste eine kleine Explosion
aus. Schwarzer, beißender und stechender Rauch kam heraus, der die ganze
Kirche durchzog. Die Menschen bekamen Erstickungsanfälle . . . Ich flüchtete
mit meinen zwei Töchtern und dem Enkelkind in die Sakristei. Da begannen
die Deutschen, Feuerstöße in die Fenster der Sakristei abzugeben. Meine jüngste
Tochter Andree wurde neben mir durch Kugeln getötet, die ihre
Halsschlagader durchschlagen hatten."
Marguerite Rouffanche gelang es, nachdem die Kirche in Brand gesetzt worden
war, durch ein Fenster zu flüchten. Bei ihrer Einvernahme schilderte sie
die bangen Minuten: "Als ich die Flammen sah, lief ich aus der
Sakristei und versuchte, hinter dem heiligen Altar Schutz zu finden. Ich
nahm den Gebetsschemel, der beim Gottesdienst verwendet wird, und stieg
darauf, um das Fenster zu erreichen. Von dort sprang ich hinunter . . .
Hinter mir erschien Madame Joyeux am Fenster und wollte mir ihr sieben
Monate altes Baby reichen. Ich konnte es aber nicht fassen. Dann wurde
geschossen, und in diesem Moment scheint Madame Joyeux getötet worden zu
sein . . . Von da aus flüchtete ich sofort in das Erbsenbeet des nahe
gelegenen Gartens. Als ich mich in das Erbsenbeet fallen ließ, wurde ich
mit einem Maschinengewehr beschossen. Fünf Kugeln trafen mich an den Beinen
und an der Schulter. Das Schulterblatt wurde mir zerschmettert. Ich war
zwischen die Stangen des Erbsenbeetes gefallen. Dort blieb ich liegen bis
zum Sonntag, den 11. Juni, 16 bis 17 Uhr." Die Leichen von Madame
Joyeux und ihrem Baby waren unter den wenigen, die nach den Massakern von
Oradour identifiziert werden konnten.
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Ruinen
in Oradour-sur-Glane |
642
Menschen, darunter 240 Frauen und 213 Kinder, wurden an diesem
Samstagnachmittag niedergemetzelt und verbrannt. Das älteste Opfer war die
Witwe Marguerite Foussat, die zwei Monate später 91 Jahre alt geworden wäre.
Das jüngste Opfer war der am 2. Juni 1944 geborene Yves Texier, der gerade
einmal acht Tage alt geworden war. 20 der ermordeten Kinder waren nicht
einmal ein Jahr alt, fünf Männer und sechs Frauen waren älter als 80
Jahre.
Die Deutschen hatten auf ihrer Seite (zunächst) einen Verwundeten: und zwar SS-Untersturmführer Gnug, der beim Einsturz des
Kirchturms von einem Stein am Kopf getroffen wurde (er erlag etwas später
seiner Verletzung). In dem am 11. Juni 1944 von Standartenführer Stadler diktierten
"Tagesbericht für den 10./11.6.1944" für das Panzergrenadier-Regiment 4 "Der Führer" heißt es bezüglich
Oradour: "Ergebnisse: 548 Feindtote - 1 eigene Verwundete".
Bevor
die SS-Division das ganze Dorf in Brand steckte, wurde noch geplündert, was
zu plündern war. Von Oradour blieben nur Ruinen übrig, wie auf den Tag
genau zwei Jahre zuvor von der tschechischen Ortschaft Lidice, wo ebenfalls
falsche Partisanenbeschuldigungen b.z.w. die Rache auf das Attentat auf
Heydrich für ein Massaker gesorgt hatten.

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Der
Altar in der Kirche |
Zerstörte
Kirche |
Strassenzug
mit Ruinen |
3.000
Kilometer von Oradour entfernt, starben am selben Tag, dem 10. Juni 1944, im griechischen
Dorf Distomon 218 Einwohner, die von Soldaten der 4.
SS-Polizei-Panzergrenadierdivision erschossen wurden, bevor ihr Dorf in
Flammen aufging. Der älteste Mann war 86 Jahre alt. Das jüngste Baby war
zwei Monate. Dem Ortspfarrer wurde der Kopf abgehackt. Anschließen wurde
Distomon in Brand gesetzt. Im Beinhaus des kleinen Ortes in
Mittelgriechenland stehen heute in Fächern - nach griechischer Totensitte -
die Schädel der 218 Opfer. Kommandeur der Division war SS-Standartenführer
Walter Harzer. Dieselbe Truppe hatte zwei Monate vorher den griechischen Ort
Klissura eingeäschert und vorher 215 Menschen erschossen.
Solche Massaker an der Zivilbevölkerung geschahen überall, wo die
Waffen-SS, aber auch die Wehrmacht Terror übte: Der holländische Ort
Putten wurde - auch wieder als Vergeltungsaktion - auf Befehl des
Luftwaffengenerals Friedrich Christiansen am 1. Oktober 1944 niedergebrannt.
Die 660 Männer kamen in das Konzentrationslager Neuengamme. 540 von ihnen
wurden dort ermordet.
Der italienische Ort Marzabotto südlich von Bologna war in der selben Zeit
von der Panzeraufklärungsabteilung 16 der Panzer-Grenadier-Division
"Reichsführer SS" neunzehn Tage lang Mordplatz für 1.830
Menschen gewesen. Ein 92 jähriger Mann wurde ebenso erschossen wie ein 20
Tage altes Kind. In der Kapelle des Ortsteiles Cerpiano wurden 21 Kinder und
35 Frauen umgebracht, die Kapelle anschließend zerstört. Den Mordbefehl
gab der SS-Sturmbannführer Walter Reeder.
Die 117. Jägerdivision ermordete im griechischen Dorf Kalavrita am 13.
Dezember 1943 die 511 männlichen Einwohner. Der Ort wurde wie üblich in
Brand gesteckt. Die Täter, Wehrmachtssoldaten, ließen sich vor den
qualmenden Trümmern fotografieren.
Wieviel Dörfer in der Sowjetunion ausgelöscht worden sind, wo Wehrmacht
und SS am grausamsten handelte ... ? Es waren tausend Oradours.
Der
Prozess in Bordeaux 1953
Die Empörung über das Massaker von Oradour war in Frankreich so groß,
dass selbst
das mit den Nazis kollaborierende Vichy-Regime des greisen Marschalls Petain
beim deutschen Oberbefehlshaber West, Generalfeldmarschall Gerd
von Rundstedt, protestierte. Die von SS-Divisionsrichter Detlef Okrent aufgenommenen Ermittlungen
wurden aber bald eingestellt. SS-Bataillonskommandant Diekmann fiel bei den
Kämpfen in der Normandie, sein Untergebener Heinz Barth wurde verletzt und
verlor ein Bein.
Die
ersten Ermittlungen zum Verbrechen von Oradour-sur-Glane wurden noch während
des Kriegs von der SRCGE
(Service de recherche des crimes de guerre ennemis), und hier
insbesondere von Guy Pauchou, durchgeführt. Als Beweisdokumente für
"Kriegsverbrechen gegen Kriegsgefangene und Zivilisten" war das
Massaker Gegenstand der Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse, auch wenn sich
unter den Angeklagten keine Beteiligten an diesen Taten befanden. Als
Bestandteil des Beweisvortrages der französischen Anklage wurde der von der
SRCGE noch für die Vichy-Regierung erstellte Bericht über das Massaker
verlesen, der das damalige Geschehen ohne Beschönigungen darstellt.
Doch erst im Jahre 1953 fand in Bordeaux der erste Prozess um Oradour statt.
Er begann am 12. Januar 1953. Angeklagt waren 21 anwesende und 44 flüchtige
Personen der 2. SS-Panzerdivision. 14 der Angeklagten stammten aus dem
Elsass und waren zum überwiegenden Teil in die SS zwangsverpflichtet
worden. Unter den "Flüchtigen" waren unter anderem die
Befehlshaber, also Lammerding und Kahn (auch Zugführer Heinz Barth). Die
übrigen Beteiligten waren entweder bei späteren Kämpfen gefallen oder
konnten nicht ermittelt werden.
Am Ende des Prozesses in Bordeaux wurden zwei der Anwesenden zum Tode
verurteilt (Boos und Lenz), Lammerding, Kahn u. Barth und alle anderen
abwesenden Personen wurden zum Tode verurteilt. Das ergibt insgesamt 46 mal
die Todesstrafe (2 anwesende u. 44 flüchtige Personen). Die übrigen
bekamen Zwangsarbeit bzw. Gefängnisstrafen zwischen 5 u. 12 Jahren.
Die Bundesregierung versuchte das Verfahren zu hintertreiben (Adenauer
schickte höchstpersönlich seinen Schwiegersohn als Verteidiger nach
Bordeaux) und verweigerte mit Verweis auf Art. 16 Abs. 2 des Grundgesetzes,
nach dem kein Deutscher an andere Länder ausgeliefert werden darf, die
Überstellung der in Deutschland lebenden Angeklagten, so auch Lammerdings,
dessen Aufenthalt bekannt war: Zunächst war er
Chefingenieur einer Baufirma in Düsseldorf, dann bekam er Wind davon, dass
die britische Besatzungsmacht einen Haftbefehl gegen ihn erlassen hatte, um
ihn nach Frankreich auszuliefern. Lammerding zog nach München, die Amerikaner
halfen ihm beim untertauchen. Ab Oktober 1954 lebte er dann in Dortmund und
hatte sein eigenes Bauunternehmen - lukrativster Geschäftspartner: die
Landesregierung von Nordrhein-Westfalen.
Dennoch gab es in den sechziger Jahren auch in Deutschland in Sachen
Oradour-sur-Glane ein Ermittlungsverfahren der Dortmunder Zentralstelle für
die Bearbeitung nationalsozialistischer Massenverbrechen, in dem Lammerding,
Stadler, Kahn, Okrent und Weidinger dem 1944 gefallenen Diekmann alles in
die Schuhe schoben.
Der Prozess in Bordeaux
1953 löste allerdings unter den elsässischen Politikern und der
elsässischen Bevölkerung Proteste aus, da man meinte, die elsässischen
Angeklagten könne man nicht in der gleichen Weise vor Gericht stellen, wie
die deutschen, denn schließlich seien sie zwangsweise zur Waffen-SS
rekrutiert worden (was nicht ganz den Tatsachen ensprach, denn
beispielsweise trat der Angeklagte Boos eigenen Angaben zur Folge 1942
freiwillig der Waffen-SS bei). Im französischen Parlament gab es heftige
Debatten. Eine starke Lobby elsässischer Politiker und Juristen, mit Pierre
Pflimlin an ihrer Spitze, bezweckte unter anderen das in Frankreich seit 1948
gültige Kriegsverbrechergesetz, das vorschrieb, alle Verbrecher, egal
welcher Nation, haben sich gleichermaßen vor Gericht zu verantworten, zu
Fall zu bringen. Bei all den Disputen befürchtete die französische
Nationalversammlung, wenn alle elsässischen Angeklagten in gleicher Weise
wie die deutschen vor Gericht stünden, dass die bis dahin schwache
Autonomiebewegung des Elsass neuen Aufwind bekäme, jedenfalls ergaben das
tagtägliche Berichte über die Stimmung im Departement an den
Innenminister.
Aber auch für die Politiker Frankreichs und Deutschlands - der USA sowieso
- war im Klima des Kalten Krieges und der Wiederaufrüstung Westeuropas,
wozu man die alten Kämpfer mit ihren Erfahrungen schließlich brauchte, der
Prozess eher unerwünscht und schien der Aussöhnung der Völker eher
hinderlich. Diesbezüglich sagte der elsässische Rechtsanwalt
Schreckenberger in seinem
Plädoyer : "Wir
arbeiten an der Verwirklichung eines Traumes, an der Errichtung eines
vereinten Europas. Diesem Ziel muss auch der Freispruch der SS von Oradour
dienen!"
Entsprechend lax ging der vorsitzende Richter, Nussy
Saint-Saëns, insgesamt gesehen während des Prozesses vor, schnitt
Belastungszeugen das Wort ab, ließ hingegen Entlastungszeugen stundenlang
unbedeutende Reden schwingen, etc. - verwies sogar einer empörten
Delegation Oradours (des neuen Oradour) des Gerichtssaales! Der Prozess war
insgesamt eine Farce.
Am 28. Januar 1953 verabschiedete dann das Parlament in Paris nach einer
Debatte mit 372 zu 179 Stimmen einen Gesetzesentwurf, der die gemeinsame
Anklage von Deutschen und Franzosen für unzulässig erklärte. Somit wurde
fortan das Verfahren in Bordeaux formal getrennt geführt: Strafanträge,
Beweisaufnahmen und Plädoyers wurden für die deutschen und für die französischen
Angeklagten separat vorgetragen, die Urteile getrennt verkündet, etc. Am
11. Februar 1953 verlas der vorsitzende Richter ein Todesurteil, fünf
Haftstrafen und einen Freispruch für die deutschen Angeklagten, sowie ein
Todesurteil und 13 geringfügig geringere Freiheitsstrafen für die französischen
Mitangeklagten.
Diese Urteile gegen die Angeklagten lösten weitere heftige Proteste aus: In
Limoges demonstrierten die Organisationen ehemaliger Widerstandskämpfer
gegen die zu milden Urteile! Die Elsässer demonstrierten ihrerseits am
Kriegerdenkmal in Straßburg, darunter Abgeordnete, Bürgermeister und
Gemeinderäte gegen die unzumutbare Härte der Urteile. In und um
Colmar gaben das Läuten der Kirchenglocken und das Geheul der Fabriksirenen
das Signal zu einem Proteststreik der Arbeitnehmer: Einem Aufruf der
christlichen Gewerkschaften folgend, legten sie für eine Viertelstunde die
Arbeit nieder und brachten den öffentlichen Verkehr zum Erliegen.
Gleichzeitig drohten die elsässischen Bürgermeister mit einem
Verwaltungsstreik. Eine neue Partei mit dem Namen "Mouvement Populaire
Alsacien" sagte dem Pariser Zentralismus den Kampf an.
Diese Proteste blieben nicht ohne Wirkung! Am 19. Februar 1953 wurde der
Entwurf für ein Amnestiegesetz mit 319 zu 211 Stimmen verabschiedet, so
dass alle französischen Verurteilten umgehend auf freien Fuß gesetzt
wurden. Aber auch alle deutschen Verurteilten wurden kurze Zeit später
Deutschland übergeben und dort frei
gelassen.
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Der
Prozess in Bordeaux |
Übrigens:
Der letzte Mörder von Oradour deren man habhaft werden konnte, wurde am 7. Juni 1983
in der ehemaligen DDR in Berlin zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe
verurteilt. Es handelte sich um Zugführer Heinz Barth, der nur deshalb noch
als alter Mann den Ermittlern ins Netz ging, weil er sich nach Kriegsende in
seinem Geburtsort Gransee niederließ. Dort machte er als Textilkaufmann Karriere
und lebte bis zu seiner Verhaftung unbehelligt - selbst seiner Ehefrau und
seinen Kindern war bis dato seine Vergangenheit unbekannt.
Nach 16 Jahren Haft wurde auch Barth wegen Krankheit auf Bewährung entlassen,
zumal er, wie es im Entlassungsbeschluss heißt, seine Handlungen bereut. Er
hat auch nach seiner Entlassung erfolgreich eine Kriegsversehrtenrente
eingeklagt, da er (nach seiner Mordbeteiligung von Oradour) bei den
Endkämpfen in Frankreich ein Bein verlor. Heinz Barth verstarb
am 6. August 2007.
Oradour-sur-Glane
- ein Hort des Widerstandes?
Immerwieder
wurde behauptet, in dem Ort Oradour-sur-Glane hätte sich ein Partisanenstützpunkt
befunden und dass die Partisanen im Ort Sprengstoff versteckt hatten, so in
der Kirche, die dann letztendlich ausversehen explodierte.
Diese Version erfand der Regimentskommandeur Sylvester Stadler um sich nach
dem Krieg bei der Vernehmung vor dem Dortmunder Staatsanwalt herauszureden. Er behauptete, am Morgen des 10 Juni 1944 über Informationen verfügt zu
haben, wonach sich in Oradour ein Partisanenstab befand und für den
Nachmittag die öffentliche Verbrennung des entführten Obersturmbannführers
Kämpfe geplant gewesen sei. Daher habe Diekmann befohlen, Kämpfe zu
befreien oder möglichst viele Gefangene (zwecks späteren Austausches) zu
machen.
Des weiteren behauptete Stadler, am Morgen des 9. Juni den Ordonnanzoffizier
Gerlach beauftragt zu haben, für die Sturmgeschützabteilung in Nieul
Quartier zu machen. Dieser sei mit drei PKW und insgesamt 6 Mann abgefahren.
Auf der Rückfahrt von Nieul habe Gerlach festgestellt, dass die beiden
anderen Wagen zurückgeblieben waren. Daher ließ er seinen Fahrer wenden.
Nach kurzer Zeit sei er von einem Lkw gestoppt worden, in dem sich 6 bis 8 Männer
befunden hätten. Die Partisanen hätten ihn mitgenommen, misshandelt und
ihnen die Uniform vom Leib gerissen. Um nicht erschossen zu werden, habe
sich Gerlach als Ordonnanzoffizier zu erkennen gegeben, der gegenüber dem Führer
der Partisanen wichtige Aussagen machen könnte. Beide seien unter Bewachung
nach Oradour gefahren worden. Dabei habe Gerlach viele uniformierte
Partisanen, sogen. Maquis, darunter auch Frauen, in gelben Lederjacken und
Stahlhelmen gesehen. Die Bevölkerung Oradours sei sehr Feindselig gewesen.
Die Partisanen brachten sie wieder aus dem Ort heraus um sie erneut zu misshandeln,
Gerlach und sein Kamerad nahmen aus den Gesten der Maquis an, dass sie
erschossen werden sollen. Der Fahrer Gerlachs hätte sich deswegen
geweigert, in den Wald zu gehen, und in den dabei entstandenen Handgemenge,
das Gerlach zur Flucht genutzt habe, sei der Fahrer erschossen worden. Am
10. Juni sei Gerlach in Unterwäsche wieder bei ihm, Stadler, eingetroffen.
Gerlach sagte selbiges gegenüber dem Hamburger Anwalt Dr. Meyerdess aus.
Jedoch verwickelten sich Stadler und Gerlach in Widersprüchen. In Oradour seien dann die Frauen und Kinder zur Sicherheit
vor den
bevorstehenden Kämpfen in die Dorfkirche gebracht worden. In den Wohnhäusern
fand man angeblich Waffen und Sprengstoff. Darauf seien die Häuser angezündet
worden; die Kirche fing irgendwie Feuer und da auch dort ein größeres
Sprengstofflager war, explodierte sie.
Die späteren Zeugenaussagen der Überlebenden des Massakers von Oradour und
insbesondere der Angeklagten selbst, bei
den Prozessen in Bordeaux 1953 und in Berlin (DDR) 1983 (gegen Zugführer
Barth) waren indes Erdrückend. Barth sagte am 30. Mai 1983 in der
Hauptverhandlung vor dem Berliner Stadtgericht beispielsweise: "Diekmann
befahl uns, über das Geschehen der letzten Stunden Stillschweigen zu
bewahren. Falls es doch zur Sprache käme, sollten wir sagen, es habe
Widerstand gegeben, im Zuge der Abwehr sei alles in Flammen aufgegangen und
die Menschen getötet worden. Warum Diekmann das so darstellte, sagte er
nicht. Unsere Leute nahmen das zur Kenntnis, keiner opponierte dagegen. Ich
unterrichtete so die Gruppenführer und diese die Mannschaften, und fortan
wurde in der Weise über Oradour gesprochen." Weiter sagte Barth:
"Bei der Durchsuchung fanden wir keine Waffen und Munition, von anderen
Gruppen hörte ich das auch nicht". Und: "Als wir im Dorf
die LKW verlassen hatten, fuhren diese ungesichert wieder zurück - so
lautete der Befehl des Bataillonskommandeurs. Es wäre nicht gerechtfertigt
gewesen, so zu handeln, wenn man mit Widerstand rechnete."
Auch SS-Divisionsrichter Detlef Okrent musste 1963 vor der
Staatsanwaltschaft Dortmund eingestehen, "dass von einem Widerstand bei dem
Vorrücken auf die Siedlung keine Rede gewesen sein kann".
Die Geschichte von Stadler und Gerlach wurde
nicht nur widerlegt sondern ad absurdum geführt!
Hierzu
sei auch ein von General Gleiniger unterschriebenes Dokument angeführt,
welches eindeutig aufzeigt, dass die Behauptungen, Frauen und Kinder seien
zum Schutz in die Kirche gebracht worden, die dann durch vom Widerstand
versteckten Sprengstoff explodierte, Erfindungen der SS waren:
An Hauptverb. Stab 588
Betr.: Vorgänge in Oradour sur Glane.
In der Stadt Limoges und auf dem Lande hatte sich eine gewaltige
Erregung der Bevölkerung bemächtigt, so dass es ratsam erschien,
dagegen etwas zu tun:
Durch die Mil. Zensurstelle wurde durch etwa 500 V.-Männern die
Version mündlich verbreitet, dass die Frauen und Kinder zu ihrem
Schutz in die Kirche gebracht worden seien, die aus irgendwelchen Gründen
Feuer gefangen habe, und dadurch sei ein Munitions- und
Sprengstofflager in die Luft geflogen, das von den Terroristen dort
eingerichtet worden sei.
gez. Gleiniger
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Des weiteren
hierzu einige Auszüge aus den Vernehmungen der Angeklagten im Prozess in
Bordeaux 1953, die den SS-Legenden widersprechen:
Angeklagter Boos (auf die Frage des Vorsitzenden welche Brandsätze
verwendet wurden): "Wir haben Handgranaten gehabt. Wir haben
auch geballte Ladungen hergestellt, immer eine Handgranate in die Mitte und
die anderen drum herumgebunden. Die haben wir dann in die Häuser geworfen."
Angeklagter Graff: "Wir sahen drei Frauen hinter einer Hecke
versteckt. Meine beiden Kameraden eröffneten das Feuer. Plötzlich richtete
sich eine Frau empor und fing an, laut zu schreien. Da habe ich auch
geschossen."
Vorsitzender: "Haben sie getroffen?"
Graff: "Natürlich. Es war ja nicht schwer, so ganz aus der Nähe.
Zwei Frauen habe ich getroffen."
Vorsitzender: "Und dann?"
Graff: "Dann wurde ich zur Kirche geschickt. Ich musste
Reisig hineintragen. Es war schon ein großer Haufen sonstiges Brennmaterial
drin."
Vorsitzender: "Weiter nichts?"
Graff: "Doch. Unter dem Reisig und Stroh hörte ich Stöhnen
und Wimmern von Frauen. Ich sah auch einen Kameraden, der eine Frau und ein
Kind mit dem Gewehrkolben erschlug."
Vorsitzender: "Wie heißt er?"
Graff: "Ich glaube, es war Pankowski. Es waren zum Schluss
fast alle Kameraden bei der Kirche. Das war Befehl. Überhaupt, die
Offiziere sind an allem Schuld. Schon von vornherein, bei der Abfahrt nach
Oradour, hat Leutnant Barth gesagt: 'Heute muß Blut fließen!'"
Angeklagter Lohner: "Ich schäme mich, in Oradour gewesen zu
sein. Noch immer gellen in meinen Ohren die Schreie der Frauen und Kinder.
Ich habe die Ruhe meines Lebens verloren. Ich habe etwa 25 Zivilisten in
eine Wagenremise geführt. Dann habe ich Stroh und brennbares Material
herangetragen. Boos gab den Befehl dazu. Steger hat das Feuer angelegt. Ich
sah auch, wie Boos eine Frau und ein junges Mädchen niederschoss."
Vorsitzender: "Hat Boos auch Handgranaten in die Kirche
geworfen?"
Lohner: "Jawohl, Herr Präsident. Auch Steger warf
welche."
Angeklagter Elsässer: "Ich war bei der Kirche. Dort waren
auch Kahn und Boos. Ich hörte Schreie von Frauen und Kinder in der Kirche,
auch noch, als diese schon brannte. Dann allerdings nicht mehr so
laut."
Vorsitzender: "Haben sie sich an irgendeiner Aktion
beteiligt?"
Elsässer: "Nein."
Vorsitzender: "Haben sie gesehen, dass ein anderer sich
beteiligt hat?"
Elsässer: "Nein - oder doch. In dem Moment, als die Kirche
anfing zu brennen, wollte eine Frau herausstürzen. Sie schrie, sie sei
keine Französin, sie sei eine Frau aus dem Elsaß. Aber Kahn stieß sie zurück.
Er sagte, er wolle für die Zukunft keine Zeugen haben."
Angeklagter Busch: "Ich war in der Hitlerjugend, dann in der
Waffen SS... Ich gehörte am 10. Juni einem Erschießungskommando an. Ich
erhielt Befehle."
Vorsitzender: "Und dann schossen Sie?"
Busch: "Ja, Herr Präsident."
Vorsitzender: "Wie eine Maschine, ein Mechanismus, den ein
anderer bedient?"
Busch: "Jawohl, Herr Präsident."
Vorsitzender: "Und dann?"
Busch: "Dann sind die Leute umgefallen."
Vorsitzender: "Und dann?"
Busch: "Dann haben wir Brennmaterial auf die Leute geworfen.
Vorsitzender: "Lebten die Leute noch?"
Busch: "Das kann schon sein, Herr Präsident. Ich habe nicht
so genau hingesehen."
Der Angeklagte Boos trat 1942 mit 18 Jahren als Elsässer freiwillig in die
Waffen SS ein. In der Voruntersuchung wurde er am stärksten belastet.
(siehe "L'Humanitaté" vom 21. Januar 1953)
Angeklagter Boos: "Ich war auf dem Marktplatz. Aber dort war
schon alles eingeteilt, als ich kam. An Einzelheiten kann ich mich nicht
mehr erinnern."
Vorsitzender: "Waren Sie an der Kirche?"
Boos: "Ja. Aber an Einzelheiten kann ich mich nicht mehr
erinnern."
Vorsitzender: "Der Angeklagte Lohner und andere haben
ausgesagt, dass Sie dort auf Frauen und Kinder geschossen und auch
Handgranaten geworfen haben."
Boos: "Das ist nicht wahr, Herr Präsident!"
Vorsitzender: "Haben Sie Handgranaten in die Häuser
geworfen?"
Boos: "Nein, Herr Präsident. Ich persönlich nicht. Ich habe
nur den Befehl des Leutnants Lenz weitergegeben."
Vorsitzender: "Haben Sie in eine Scheune Zivilisten
erschossen? Der Angeklagte Daul hat es behauptet."
Boos: "Nein, Herr Präsident, das ist nicht wahr!"
Vorsitzender: "Haben Sie in die Kirche hineingeschossen? Der
Angeklagte Elsässer hat Sie dort mit einer Maschinenpistole gesehen!"
Boos: "Das ist alles nicht wahr, Herr Präsident! Das sagen
die anderen bloß, weil ich die Wahrheit über sie ausgesagt habe. Die
wollen sich an mir rächen."
Vorsitzender: "Waren Sie in der Bäckerei?"
Boos (nach langem Zögern): "Ich kann mich nicht
erinnern."
(Zur Erklärung: Es konnte in dem Prozess nachgewiesen werden, dass Boos in
dem eisernen Holzkohleofen der Bäckerei ein acht Wochen altes Kind
verbrannt hat - lebendig verbrannt! Dieser Tatbestand war auch einer der
wesentlichsten Bestandteile des [späteren] Todesurteils gegen Boos!
Und genau dieser eiserne Holzkohleofen wurde nun in den Gerichtssaal
hereingetragen) :
Vorsitzender: "Kennen Sie diesen Ofen? Was geschah in diesem
Ofen?"
Boos schweigt. ...
Später im Prozess will der Angeklagte Boos plötzlich auspacken:
Boos: "Ich weiß genau, was jeder einzelne getan hat, nicht
nur die hier, sondern auch die anderen, die nicht hier sind. Diese
Angeklagten haben alle irgendwo gemordet, ich weiß genau, wo jeder einzelne
gewesen ist."
Vorsitzender: "Warum haben Sie denn das nicht alles schon längst
ausgesagt? Sie hatten seit 1945 doch genug Zeit dazu!"
Boos: "Weil... Herr Präsident... Ich wurde immer bedroht!
Jawohl, die Kameraden hier bedrohen mich! Und hier, auf der Advokatenbank,
gibt es auch einen Rechtsanwalt, der mir gedroht hat: Wenn ich nicht den
Mund halte, dann würde meiner Familie ein Unglück zustoßen. Dieser
Rechtsanwalt ist heute nicht anwesend. Soviel ich weiß, heißt er
Lux."
Vorsitzender: "Boos, was Sie da sagen, ist sehr
schwerwiegend. Ich möchte Sie ausdrücklich darauf aufmerksam machen! Wenn
Sie bei Ihrer Behauptung bleiben, dann wäre ich gezwungen, unverzüglich
einen Disziplinarrat einzuberufen."
Boos: "Er ist heute nicht hier, Herr Präsident, aber ich
kenne ihn genau wieder!
Vorsitzender: "Das ist eine sehr ernste Beschuldigung gegen
einen angesehenen Rechtsanwalt! Überlegen Sie sich gut, was Sie da sagen!
Die Sache könnte schwere Folgen für Sie haben."
Boos: "Er hat mich wirklich bedroht. Es ist so ein Blonder.
Es ist jedenfalls der Anwalt, der heute nicht da ist! Sein Name, ich bin
nicht ganz sicher, aber soviel ich weiß, heißt er Lux."
In der Tat, einer der Anwälte, der Rechtsanwalt Lux aus Straßburg, war
wirklich nicht anwesend. Er war nämlich an diesem Tage in Paris, um als
Abgeordneter in der Nationalversammlung die Aufhebung des Gesetzes über die
Kriegsverbrecher vom 15. September 1948 zu erwirken (was den Freispruch der
Angeklagten bezweckte)...
Und
selbst der einstige Kommandeur der SS-Panzerdivision
"Hitlerjugend", Kurt Meyer, genannt "Panzer-Meyer", der
allen ernstes 1957 als Hauptsprecher der HIAG vor rund 8.000 ehemaligen
SS-Angehörigen während einer Kundgebung in Bayern behauptete, "SS-Truppen
haben keine Verbrechen begangen, ausgenommen das Massaker von Oradour, und
das war die Tat eines einzelnen" (gemeint ist Bataillonskommandeur
Diekmann), "er sollte vor ein Kriegsgericht gestellt werden, starb
aber den Heldentod, bevor er abgeurteilt werden konnte", sprach von
einem Massaker, von einem Kriegsverbrechen, nicht von Auseinandersetzungen
mit den Maquis!
(Quelle: G. H. Stein: Geschichte der Waffen-SS. Düsseldorf 1967, S.
229/230.)
Übrigens:
Bei der Einnahme von Stuttgart und Pforzheim durch die Franzosen kam es zu
Massenvergewaltigungen; im württembergischen Freudenstadt missbrauchten
französisch-marokkanische Besatzungssoldaten Bewohnerinnen des Ortes
tagelang, sie sollten damit die Vernichtung Oradour-sur-Glanes vergelten!
Aber auch für die deutschen Besatzer war zuvor Rache ein wichtiges Motiv
für besonders brutale Vergewaltigungsexzesse: So missbrauchten
Wehrmachtsangehörige im Juli 1944 im Departement Ain in Südfrankreich
massenhaft Frauen, um für französische Partisanenübergriffe Vergeltung zu
üben, wie neueste Studien der Historikerin Birgit Beck beweisen...
(Quelle: Beck, Birgit: Wehrmacht
und sexuelle Gewalt. Sexualverbrechen vor deutschen Militärgerichten
1939-1945.)
Legenden und unter Verschluss gehaltene Akten?
Man
sollte noch eines beachten, nämlich dass diese ganzen Behauptungen, die SS
fand bei Oradour ausgebrannte Rot-Kreuz-Wagen, Maquis, tote Deutsche,
etc., alles Behauptungen sind, die erst viel später nach dem Krieg,
und vor allem auch viel später nach dem ersten Oradour-Prozess in Bordeaux
1953, aufkamen! Im Prozess in Bordeaux hat keiner der Angeklagten und keiner der
Entlastungszeugen derartiges angeführt oder gar zur Verteidigung geltend
gemacht, was aber der Fall hätte gewesen sein müssen, wäre an diesen Legenden
etwas Wahres. Niemand dort, in Bordeaux 1953, hat auch nur ein Indiz zur Stützung solcher
Behauptungen aufgezeigt. Das war schlicht gar kein Thema. Auch im Prozess gegen Heinz Barth wurden solche Dinge in keinster Weise als
Entlastung oder Rechtfertigung geltend gemacht - im Gegenteil: Barth selbst
führte durch seine umfangreichen Aussagen und Geständnisse solche
Behauptungen/Unterstellungen ad Absurdum!
Diese ganzen Behauptungen (insbesondere der rechten/revisionistischen Szene b.z.w. deren
Autoren) gehen zum Großteil auf Autoren wie dem ehem. SS-Untersturmführer
Lothar Greil oder dem Altnazi und ehemaligen KZ-Wächter von Dachau Herbert
Taege zurück, die seit Jahrzehnten versuchen, ihre SS-Legenden an den Mann zu bringen. Und dabei
bedienen sie sich all den
Methoden, durch die sich die rechte Szene und ihre Autoren für alle Zeit
selbst diskreditiert hat! Aber auch der Autor Vincent
Reynouard, der wegen der Verbreitung von Lügen, Diffamierung der
Überlebenden, sowie der Leugnung von Kriegsverbrechen im Jahre 2004 eine Freiheitsstrafe
von 6 Monaten verbüßen musste, tat ein Übriges zur Verbreitung
solcher Legenden.

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Lammerding |
Stadler |
Diekmann |
Kämpfe |
Barth |
Auch
die immer wieder angeführte Behauptung, bezüglich Oradours würden der
Öffentlichkeit Akten vorenthalten, geht auf solche Autoren zurück,
explizit auf Herrn Taege, der in
drei Beiträgen des HIAG-Blatts "Der Freiwillige" in
Anbetracht der Eröffnung des Verfahrens gegen Zugführer Heinz Barth in
Berlin (ehem. DDR) 1983 schrieb: dass "der französische Staat die Akten des
Vorprozesses von 1953 in Geheimarchiven verschlossen hat und auch nicht ein
Blättchen zur 'Rechtshilfe' der DDR herauszugeben bereit war".
(Quelle: Der Freiwillige. Osnabrück, H. 9/1983)
Aus den Akten des Prozesses gegen Barth und laut dem damaligen Staatsanwalt
Horst Busse ist hingegen zu entnehmen, dass die Franzosen damals die
Anklageschriften,
Ermittlungsakten, sowie Vernehmungsprotokolle der Zeugen (sowohl Belastungs- als auch
Entlastungszeugen) zur Verfügung stellten.
Zudem wurden Akten, Vernehmungen, Aussagen der Angeklagten, ihrer
Entlastungszeugen, sowie die Aussagen der Überlebenden des Massakers in
diverser Literatur veröffentlicht, unter anderen bereits während des
laufenden Prozesses in Bordeaux 1953 Tagtäglich im "l'Humanite",
teilweise auch im "Paris Match".
Des weiteren fragte Taege in "Der Freiwillige", "weshalb
die DDR-Staatsanwaltschaft nicht im Wege des Amtshilfeersuchens die
Ermittlungsakten der BRD-Staatsanwaltschaft angefordert hat".
Zutreffend ist aber, dass sich der Generalstaatsanwalt der DDR, Josef
Streit, bereits am 12. April 1982 an den zuständigen Generalstaatsanwalt in
Hamm gewandt hatte und auch von dort rechtzeitig Aktenmaterial erhalten
hatte, so die Protokolle einer Beschuldigtenvernehmung von Lammerding, von
Zeugenaussagen Stadlers, Kahns, Okrents und Weidingers sowie die von
Stadlers Adjutanten Werner. Diese Protokolle waren Gegenstand der Beweisaufnahme im Prozess gegen Barth!
Ganz zu schweigen von der lückenlosen Aufarbeitung der Aktivitäten der
damaligen französischen Widerstandsbewegung durch diese selbst, zum
Beispiel im "ANGAG" oder "l'Humanite".
Außerdem
befand sich in der Stadt Limoges damals eine (die
entsprechende!) deutsche Militärkommandantur, die bei ihrer überstürzten
"Abreise" beim Anrücken der alliierten Invasionstruppen etliche
Dokumente zurück ließ, die man im dortigem Stadtarchiv einsehen kann. Aus
diesen Dokumenten geht eindeutig hervor, dass die SS ursprünglich die Stadt
Saint Junien zerstören wollte, weil dort im Verlaufe einer Schießerei zwei
deutsche Soldaten getötet worden waren. Allerdings hatte Saint Junien
damals 6.000 Einwohner, das erschien dann doch etwas zu groß. So entschied
man sich kurzer Hand für den kleinen, abgelegenen und leicht zu
kontrollierenden Ort Oradour-sur-Glane, weil, erstens, in dem Dorf keine
Maquis zu befürchten waren, und, zweitens, durch die abgelegene Lage nicht
mit unerwünschten Zeugen zu rechnen war.
Partisanen
bzw. Maquis und das Völkerrecht
Selbst
die beinahe ständigen Versuche, die Aktivitäten der damaligen
Partisanenbewegungen und Untergrundorganisationen vom Völkerrecht
ausschließen zu wollen, gehen ins Leere, denn die Haager Landkriegsordnung
gilt für Kombattanten sowohl als auch für Nichtkombattanten - zu denen,
nebst V-Männer, Kundschafter, Agenten, Nachrichtenübermittler, etc., auch
die Partisanen gehören. Denn bei all den Vorwürfe, die Partisanen, oder
explizit in
Frankreich die sogen. Maquis, trügen ihre Waffen nicht offen,
hätten keine Uniformen, waren nicht als kämpfende Truppe zu erkennen und
somit als Freischärler vom Völkerrecht ausgeschlossen, stellt sich die Frage, wie man sich den Kampf der Partisanen denn
vorstellt? Die Maquis bestanden sicher nicht aus lauter mit Taschenmessern
bewaffneten vermeintlichen Zivilisten, die hinter Sträuchern versteckt den
vorbeimarschierenden deutschen Soldaten hinterrücks die Kehle
durchschnitten - wobei nicht ausgeschlossen sein soll, dass so etwas
vorgekommen sein kann.
Die hauptsächlichen Waffen der Maquis in Frankreich waren neben Sprengstoff
vor allem Maschinengewehre, Karabiner, Panzerfäuste, etc., alles Waffen,
die man nicht so einfach in der Hosentasche verstecken kann (also
"offen" trägt), zudem hatten sie diverse Fahrzeuge wie LKWs,
Stahlhelme und ihre allseits bekannten gelben Lederjacken, etc. Ihre
Aktionen bestanden hauptsächlich in der Zerstörung oder Beeinträchtigung
der deutschen Nachschubwege, also Sprengen von Zuggleisen, Brücken,
Strassen, etc.
Artikel
3 der Haager Landkriegsordnung (= Ordnung
der Gesetze und Gebräuche des Landkrieges vom 18. Oktober 1907.
Reichsgesetzblatt, 1910, Nr. 2, S. 132ff.) legitimiert Kombattanten und
Nichtkombattanten:
"Die
bewaffnete Macht der Kriegsparteien kann sich zusammensetzen aus
Kombattanten und Nichtkombattanten. Im Falle der Gefangennahme durch den
Feind haben die einen wie die anderen Anspruch auf Behandlung als
Kriegsgefangene."
Also
haben sowohl Kombattanten als auch Nichtkombattanten Anspruch darauf, bei
Gefangennahme als Kriegsgefangene zu gelten. Die Kriegsgefangenenregel ist
in Artikel 8 festgelegt:
"Die
Kriegsgefangenen unterstehen den Gesetzen, Vorschriften und Befehlen, die in
dem Heere des Staates gelten, in dessen Gewalt sie sich befinden."
Die
Haager
Landkriegsordnung regelt aber auch in Artikel 23 was namentlich
untersagt ist:
"Abgesehen von den
durch Sonderverträge aufgestellten Verboten, ist namentlich untersagt:
b) die meuchlerische Tötung oder Verwundung von Angehörigen des
feindlichen Volkes oder Heeres,
c) die Tötung oder Verwundung eines die Waffen streckenden oder wehrlosen
Feindes, der sich auf Gnade oder Ungnade ergeben hat
h) die Aufhebung oder zeitweilige Außerkraftsetzung der Rechte und
Forderungen von Angehörigen der Gegenpartei oder die Ausschließung ihrer
Klagbarkeit".
Die Bewohner von Oradour-sur-Glane waren Angehörige des
feindlichen Volkes, sie waren unbewaffnet (leisteten keinen sonst wie
gearteten Widerstand) und damit wehrlos, hatten also Anspruch darauf, dass
ihre Rechte gewahrt bleiben!
Wobei ganz und gar der Beweis fehlt, dass die Männer des Dorfes Partisanen
waren oder mit Partisanen zusammen arbeiteten. Denn wäre das der Fall
gewesen, hätte man ihnen laut dem Völkerrecht (Haager Landkriegsordnung
Artikel 8) den Prozess nach geltendem deutschen Recht machen müssen. Sie
einfach zu erschießen, war mindestens Lynchmord gewesen - und wäre es
Heute noch!

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Maquisard
in Frankreich |
während
des WK-II |
> |
Moralische
Bedenken am Widerstand gegen Raub- und Vernichtungskrieg?
Es
stellt sich auch immer wieder die Frage nach dem Sinn oder der moralischen
Legitimation von Partisanen und deren Aktionen. Dabei muss man aber
bezüglich des Zweiten Weltkrieges feststellen, dass Hitlerdeutschland den
Krieg nicht nur führte, um die eigene Vormacht in Europa zu erreichen,
sondern Hauptgrund des Krieges war vor allem (von Hitler schon lange vor
seiner Machtergreifung konstatiert) "Lebensraum" für die eigene
"Herrenrasse" zu schaffen - und zwar explizit im Osten! Der Krieg
im Westen gegen England und Frankreich war doch letztendlich nur
Nebenkriegsschauplatz, der nur zustande kam, da diese Länder in Bündnistreue
(mit Polen) dem Deutschen Reich den Krieg erklärten, als dieses seine Hand
gegen den Osten erhob.
Und dieser Krieg musste von Deutschland, in Anbetracht seiner katastrophalen
finanziellen Lage, hauptsächlich als Raubkrieg geführt werden - mit all
seinen Vernichtungserscheinungen. Die deutschen Besatzer gingen
bekanntermaßen hierbei nicht gerade zimperlich mit der Zivilbevölkerung in
den besetzten Ländern um - was Frankreich betrifft, sei darauf verwiesen,
dass während der gesamten deutschen Besatzung immerhin rund 29.600
Zivilisten durch Wehrmacht, SS, Gestapo und Sicherheitsdienst umgekommen
sind.
Nicht nur Frankreich sondern sämtliche besetzten Länder (explizit die
Sowjetunion, und hier insbes. die Ukraine) wurden systematisch ausgebeutet
und ausgeplündert - zur Ernährung des Reiches und seiner Wehrmacht. Der
Bevölkerung der besetzten und erbarmungslos ausgebeuteten Länder blieb
oftmals nicht mal mehr ein Minimum zum Überleben, explizit an Nahrung,
medizinischer Versorgung, etc. - sogar Goebbels vertraute im Februar 1943
bezüglich des Versuchs der Nazis, in Weißrussland eine Art Musterkolonie
aufzubauen, seinem Tagebuch an: "Wie sollte sich ein denkender
Mensch aus den Ostvölkern für unsere Politik einsetzen können, wenn sie
ihm nicht einmal das nackte Dasein lässt?".
Das
Dritte Reich hat sich mit seiner Sozialpolitik und seiner Rüstungspolitik
finanziell an den Rand des Bankrotts manövriert. Nazideutschland konnte
sich nur retten, in dem erstens: die wohlhabenden Deutschen hoch besteuert
wurden, zweitens: in dem von den enteigneten Juden Europas, durch die
Erwirtschaftungen der Zwangsarbeiter und durch die Beraubung der Angehörigen
unterworfener Völker Mittel in die deutsche Staatskasse flossen.
Beispielsweise stieg zunächst die sogen. Körperschaftsteuer von 20% im
Jahre 1936 auf 40% im ersten Kriegsjahr. Die nach dem November-Pogrom von
1938 verfügte sogen. Judenbuße von einer Milliarde Reichsmark erhöhte die
Staatseinnahmen um mehr als 6%. Hinzu kamen die sogen. Reichsfluchtsteuer
und die sogen. Arisierungserlöse von zusammen insges. 10% des
Reichshaushalts 1938/39.
Dies
alles reichte aber nicht aus, weitere Ausgaben (wie Rüstung oder gar Krieg)
zu finanzieren, so dass das Finanzministerium für das Jahr 1938 die
Zahlungsunfähigkeit des Reiches konstatierte.
Ab Mai 1939 favorisierte die NS-Führung "zur Deckung des Bedarfs
der Wehrmacht" bereits einverleibte Regionen auszubeuten - zunächst
betraf das insbesondere die tschechische Wirtschaft. Darüber hinaus sollten
auch die "im Laufe des Feldzuges" noch "zu
erobernden Gebiete herangezogen werden".
Der Krieg und die weitere Rüstung wurden in den folgenden fünfeinhalb
Jahren zu rund zwei Drittel aus den Tributen fremder Länder, aus konfisziertem
fremden Eigentum und aus fremder Arbeitskraft finanziert. Sowohl aus den
verbündeten als auch aus den eroberten Ländern flossen in hohem Maße
Rohstoffe, Industrieprodukte und vor allem Lebensmittel ins Deutsche Reich.
Insbesondere auch die Enteignung der Juden in den verbündeten Ländern erhöhte
die Staatseinnahmen zur Kriegsführung und Aufrechterhaltung des Wohlstandes
der deutschen Bevölkerung. Juden, sogen. Zigeuner, osteuropäische
Zwangsarbeiter, ebenso die Millionen freien polnischen Arbeiter (in den
annektierten Gebieten ansässig) mussten von 1940 an viele Milliarden
Reichsmark in die deutschen Sozialversicherungssysteme einzahlen
("Sozialausgleichsabgabe").
Der Krieg musste, um ihn überhaupt finanzieren zu können, hauptsächlich
auf Raub angelegt werden. Und weil dieser Krieg immer mehr Geld kostete und
neue Bedürfnisse der Volksgemeinschaft weckte, ersannen die
Verantwortlichen immer radikalere Methoden des Raubs und der damit eng
verbundenen Vernichtungspolitik. Zwischen August 1941 und dem 31. Januar
1942 starben beispielsweise zwei Millionen sowjetische Kriegsgefangene, vor
allem an den Folgen der katastrophalen Versorgung. Der Bevölkerung der von
Nazideutschland besetzten Ländern ging es nicht viel besser.
Zweck des Hungermordens bestand darin, die deutsche Wehrmacht komplett "aus
dem Lande zu ernähren" und zudem Lebensmittel ins Reich zu
transportieren, um die deutsche Bevölkerung zu ernähren. Die
Wehrmachtsangehörigen erhielten ihren Sold in entsprechender Landeswehrung,
lebten ansonsten in Vollpension.
Deutsche Generäle gaben die Devise aus: "Das Verpflegen von
Landeseinwohnern ist eine ebenso missverstandene Menschlichkeit wie das
Verschenken von Zigaretten und Brot".
Schon vor Kriegsbeginn (explizit des Russlandüberfalls) wurden auf höchster
Ebene die Konsequenzen des beabsichtigten Lebensmittelraubs erörtert: "Hierbei
werden zweifellos zig Millionen Menschen verhungern, wenn von uns das für
uns Notwendige aus dem Lande herausgeholt wird".
Laut geheimen Angaben des Statistischen Amtes raubten die Deutschen allein
in den Jahren 1941/42 und 1942/43 den Grundbedarf für 30 Millionen Menschen
aus den besetzten Ländern. Hinzu kamen die kriegswichtigen Rohstoffe, die
nahezu alle aus den besetzten oder verbündeten Ländern kamen (aber auch
neutrale Länder wie Schweden lieferten Eisenerz oder Mineralöl).
Trotzdem reichte es mit diesem Raubkrieg immer noch nicht aus, die laufenden
kosten des Staates zu decken. 1942 war das Reich pleite, beispielsweise
schrumpften die Reichsgetreidereserven von ursprünglich 5,5 Millionen
Tonnen auf 670.000 Tonnen - der tiefste Punkt überhaupt. Die folgende Ernährung
der deutschen Bevölkerung konnte kaum mehr gewährleistet werden.
Göring rief nun die Reichskommissare und Militärbefehlshaber zusammen: "Es
ist mir dabei gleichgültig, ob sie sagen, dass Ihre Leute wegen Hungers
umfallen. Mögen sie das tun, solange nur ein Deutscher nicht wegen Hungers
umfällt".
Die beispielsweise schon hohen Lebensmittelimporte aus Frankreich wurden um
50% angehoben.
Der für die Ukraine zuständige Reichskommissar verkündete: "Die
Ukraine hat das zu liefern, was Deutschland fehlt. Die Erhöhung der
Brotration ist eine politische Notwendigkeit, um den Krieg siegreich fortzuführen.
Die fehlenden Mengen an Getreide müssen aus der Ukraine beschaffen werden.
Die Ernährung der Zivilbevölkerung ist angesichts dieser Aufgabe gänzlich
gleichgültig". Und um den deutschen Normalverbraucher
zufriedenzustellen, setzte der Ernährungsminister Herbert Backe 1942 hohe
Lieferungen von Fleisch und Getreide an das Reich aus den besetzten Ländern
durch.
(siehe hierzu beispielsweise folgenden Artikel: Hitlers
Volksstaat war eine Gefälligkeitsdiktatur)

|

|

|
Deutsche
Plünderung in Russland |
Enteigneter
jüdischer Besitz |
Deutsche
Soldaten in Holland 1940 |
Die Finanzierung des Krieges, der deutschen Rüstung und die Ernährung der
deutschen Bevölkerung (inkl. der Wehrmacht) erfolgte zum größten Teil aus
den besetzten Ländern. Die einheimische Bevölkerung war dabei irrelevant,
und das war im Westen nicht wesentlich anders, als im Osten. Ohne diesen
Raubkrieg hätte das Dritte Reich weder Krieg führen können, noch - und
das selbst ohne Krieg - die deutsche Bevölkerung ernähren und den
Lebensstandart halten können!
Genau dieses repressive, brutale und rücksichtslose Vorgehen der Deutschen
gegen die Zivilbevölkerung, gegen die Ökonomie und gegen die Wirtschaft
der besetzten Länder - inklusive der Massenerschießungen von Juden durch
Wehrmacht und SS, der Ausrottung der Intelligenz und der politischen Kader,
der Verschleppungen zur Zwangsarbeit, der Deportationen und Zwangsumsiedlungen ganzer Völker - hat den
Widerstand doch erst provoziert! Was blieb der Bevölkerung der geknechteten
Länder denn noch übrig - widerstandslos unterzugehen? Somit wurde
Deutschland kein Partisanenkrieg aufgezwungen, wie gerne behauptet, sondern
es hat ihn erst erzeugt/bewirkt! Dass sich die gegenüberstehenden Parteien
in ihrer Brutalität dann gegenseitig hochschaukelten, will dabei niemand
bestreiten - das rechtfertigt aber nicht, zur Vergeltung Kriegsverbrechen zu
begehen, noch, sich an unbeteiligte Zivilisten zu vergehen!
Übrigens:
Auch in Deutschland gab es in nicht allzu ferner Geschichte Partisanen,
nämlich nach dem Einmarsch der französischen und belgischen Truppen 1923
in das unverteidigte Ruhrgebiet (als Folge der deutschen
Zahlungsunfähigkeit der im Versailler
Vertrag vereinbarten Reparationen) bildeten sich auch Gruppen
Freiwilliger, die an die Stelle des von der Regierung Wilhelm Cuno
aufgerufenen passiven Widerstands die aktive Abwehr gegen die
französisch-belgische Okkupation setzten: Franzosen und/oder Separatisten
wurden an Ort und Stelle getötet oder ins unbesetzte Gebiet verschleppt, Brücken
und Eisenbahnen wurden gesprengt. Einer dieser aktiven Widerständler (=
Partisanen), Albert
Leo Schlageter (auf den Link klicken), wurde von den Franzosen ergriffen
und hingerichtet. In den Augen der Deutschen war er ein Märtyrer.
Auf den aktiven Widerstand reagierten die französischen und belgischen
Soldaten mit rücksichtsloser Gegengewalt. In Essen erschossen sie am 31. März
1923 13 streikende Krupp-Arbeiter und wenig später in Dortmund sieben Männer,
die eine von der Besatzungsmacht verhängte Ausgangssperre überschritten
hatten...
Lammerding's
Zivilklage von 1965
Interessant
zu Oradour bzw. insbesondere zu dem Fall Tulle ist
auch noch, dass
Divisionskommandeur Heinz Lammerding Jahre nach dem Krieg höchstpersönlich
ein Verfahren gegen sich selbst angestrebt hatte, dass ihn rein von
jeglicher Schuld waschen sollte, um gegen angebliche Verleumder gerichtlich
vorgehen zu können:
In der TAT schrieb der Journalist Sterzenbach 1965, dass Lammerding in
Frankreich wegen zahlreicher
Geiselmorde in Abwesenheit zum Tode verurteilt worden war.
Lammerdingt fühlte sich in seiner Ehre verletzt und reichte eine
Beleidigungsklage gegen Sterzenbach und die TAT ein. Er wollte durch Urteil
bestätigt haben, dass er nicht wegen Geiselmord, sondern "nur"
wegen der Hinrichtung von Partisanen verurteilt worden sei.
Am 9. November 1965 wurde vor der 10. Zivilkammer des Düsseldorfer
Landgerichts das Verfahren eröffnet. Doch Landgerichtsdirektor Dr. Niemeyer,
der den Prozess führte, hatte sich präzise Kenntnisse über das Verbrechen
von Tulle verschafft: "Es ist nicht mehr daran zu rütteln, dass damals
ein ruchloser, jedem Recht und Gesetz Hohn sprechender Massenmord vollführt
wurde.", sagte Niemeyer.
Der Prozess wurde danach vertagt. Das entgültige Urteil erging am 18.
Januar 1966: Die TAT brauchte ihre Feststellung nicht zu widerrufen, wonach
Lammerding in Frankreich wegen Geiselmorde zum Tode verurteilt worden sei.
Der Ausdruck "Geiselmord" sei also in diesem Falle nicht zu
beanstanden.
Lammerdings Zivilklage wurde zum Eigentor!
Entsprechende
Akten zu diesem Lammerding-Prozess kann man im antifaschistischen
Pressearchiv und Bildungszentrum Berlin e.V. (explizit
im DVZ-Archiv)
einsehen.
Allerdings nicht online; eine Terminvereinbarung ist
erforderlich (derzeit über Ulli
Jentsch).
©
2005 by Torsten Migge
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Match N° 201: Procès d'oradour à bordeaux. 1953.
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Irmtrud/Hayes, Peter: "Arisierung" im Nationalsozialismus.
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Frankfurter
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Die
Neue Zeitung vom 17.2.1953.
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Süddeutsche
Zeitung vom 17.2.1953.
-
Staatsanwaltschaft
Dortmund: Aktenzeichen 45 Js 2/62 und 45 Js 11/78.
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Bundesarchiv
BA, B 136/4917.
-
Bundesarchiv
BA, B 305/948, Le Préfet de la Région de Limoges Freund-Valade an
Pétain, 15.6.1944.
-
Staatsarchiv
StAM 45 Js 2/62.
-
Nationalarchiv
Paris: AJ 41 880 Nr. 48114 & AJ 41 880 Nr. 48328.
-
Archives
des Departments in Haute-Vienne: Liasse Nr. 14 F 42 (Sammlung Delage),
& Liasse Nr. 24 J 15 (Sammlung d´Albis), & Liasse Nr. 1081 W-238.
-
Archives
des Departments in Haute-Vienne: F piéce 3543 Res. & F piéce 4365.
-
Stenogramme
des Prozesses in Bordeaux von 1953.
Relevante
Links:
Haager
Landkriegsordnung in der Fassung vom 25. Januar 1910
Das
Völkerrecht im Original (Auszug aus Band I: 1883-1949)
Verbrechen
der Wehrmacht - Dimensionen des Vernichtungskrieges 1941-1944 (PDF-Datei)
Oradour-sur-Glane
10th June 1944 (englisch)
Deutsches
Historisches Museum: Oradour-sur-Glane
Das
Massaker von Oradour (der Stern am 11. Juni 2004)
Opas
Oradour: In Deutschland bestimmt die Version der Täter bis heute die
Darstellung des SS-Massakers.
Sonstige Links:
Rudolf
Morche's Radtour (2002) zum Kap Tarifa/Südspanien mit Rückweg durch's
Limousin
SS-Panzergrenadierregiment
4 "DF"




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